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Peter Klasvogts spannender Balanceakt im Schatten des Petersdoms

Diese Pläne hat der neue Rektor des Campo Santo Teutonico

Rom ‐ Sein Arbeitsplatz ist über 1.200 Jahre alt. Als neuer Rektor des Campo Santo Teutonico dient Peter Klasvogt mindestens drei Herren – oder besser: Er managt mehrere Institutionen. Und das als Nachbar des Papstes.

"Hier schlummern überall Kunstschätze", sagt Peter Klasvogt ehrfürchtig, während er die Stufen zu seinem Büro mit Blick auf den Petersdom hinaufeilt. Auch 30 Grad im Schatten bringen den hochgewachsenen Geistlichen nicht aus der Fassung – trotz dunklem Anzug samt Priesterkragen. Gute Voraussetzungen für den neuen Rektor des Campo Santo Teutonico, der die älteste deutsche Nationalstiftung in Rom zu managen hat. "Das wird eine Herausforderung, aber ich freue mich sehr darauf", so der langjährige Leiter zweier Bildungsakademien im Erzbistum Paderborn.

Der idyllische Campo Santo, ein 1.200 Jahre alter baumbestandener Friedhof mit spannenden Grabinschriften, birgt nicht nur auf seinem unwegsamen Gelände etliche Stolperfallen. Obwohl scheinbar im Vatikanstaat gelegen, zählt das Konstrukt samt Kirche und Gebäudekomplex nicht zu dessen Staatsgebiet. Das weltweit einmalige Gebilde gehört der 1454 gegründeten deutschsprachigen "Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes". Zugleich haben dort das römische Institut der Görres-Gesellschaft und ein Priesterkolleg ihren Sitz. Mitreden dürfen zudem der deutsche Staat, der Vatikan und Italien – ein Geflecht, in dem man sich leicht verheddern kann.

Klasvogts Vorgänger, der Augsburger Priester Konrad Bestle, verließ den Campo Santo im März 2024 nach nur einem Jahr auf eigenen Wunsch. Doch die Vakanz ist vorbei, ab September will der dynamisch auftretende Westfale (68) richtig loslegen.

Modernisierung steht an
Ganz oben auf Klasvogts Aktenstapel: das Bauprojekt Campo Santo, das seit Jahren nur schleppend vorankommt. Der Gebäudekomplex muss vor allem aufgrund von Wasserschäden renoviert, der Gästetrakt modernisiert werden. Dafür hat das Auswärtige Amt bereits 16 Millionen Euro bewilligt, sofern die Erzbruderschaft als Eigentümerin des Geländes auch einen Anteil leistet. Hier wird der promovierte Pastoraltheologe und Sozialethiker Klasvogt wohl dicke Bretter bohren müssen.

Nächstes Problem: "Wohin stellen wir den Kran?", überlegt der Mann mit der randlosen Brille. "Da werden wir wohl auf vatikanisches Gebiet ausweichen müssen." Eine erste Kennenlernwoche in Rom hat ihn überzeugt, für all das in der Nachbarschaft offene Ohren zu finden. Unter anderen besuchte er die Regierungschefin des Vatikanstaats, Schwester Raffaela Petrini, den Substituten Erzbischof Edgar Peña Parra, die Schweizer Garde und die Vatikanische Gendarmerie – "alles sehr nette Gespräche", begeistert sich Klasvogt, der seit einem Studienjahr 1981 in Frascati Italienisch spricht, Land und Leute liebt.

Den Campo Santo will er noch mehr zur geistlichen und kulturellen Begegnungsstätte machen. Allein das Priesterkolleg birgt für Klasvogt enormes Potenzial: Hier leben Männer aus aller Welt, die in Rom promovieren oder bereits im Vatikan arbeiten. "Wir können hier eine Verbindung mit den Diözesen in Deutschland schaffen, aber auch mit Ost- und Mitteleuropa." Für die nötigen Absprachen setzt Klasvogt auf Durchsetzungskraft – und Fingerspitzengefühl. "Es braucht hier eine Kultur des Miteinanders, der Achtsamkeit und des Respekts, denn da hängen ja Lebensgeschichten dran!"

Insgesamt zeichnet den Priester, der der geistlichen Bewegung der Fokolare nahe steht, ein großer Optimismus aus – selbst mit Blick auf die Lage der Kirche. Den deutschen Reformdialog Synodaler Weg mit seinen Themen Sexualmoral, Macht, priesterliche Lebensform und die Rolle von Frauen in der Kirche hat er wohlwollend kritisch begleitet.

"Schwierige Zeiten"
"Die Leute in den Pfarrgemeinden erleben schwierige Zeiten", räumt er ein. "Aber welche Organisation stellt einen Partizipationsprozess auf die Beine, bei dem die Leitung wirklich wissen will, was ihre 1,4 Milliarden Mitglieder denken?", spielt er auf den von Papst Franziskus (2013-2025) gestarteten Reformprozess Weltsynode an. "Franziskus war genial – auch in seiner Personalplanung!" Denn schließlich habe der Argentinier einen Papst aus den USA mit Wurzeln in Europa und zusätzlicher Prägung in Peru ermöglicht.

Nun praktisch als Nachbar von Leo XIV. zu leben und zu arbeiten, sieht er als Privileg. "Papst Leo muss jetzt ein neues Kapitel der Kirchengeschichte aufschlagen. Es ist eine Ehre, das sozusagen mittragen und mitschreiben zu dürfen." Mit dem US-amerikanischen Papst verbindet Klasvogt auch die Begeisterung für den Sport. "Zum Fitnesstraining, Schwimmen, Radfahren werde ich wohl erstmal nicht mehr kommen", sagt Klasvogt. "Ich habe mir aber schon ein Rudergerät zugelegt."

Was der Autor von Büchern und Zeitungskolumnen und Sprecher von WDR-Morgenandachten in Rom vermissen wird: "Privatsphäre, denn hier bin ich immer offiziell", sagt Peter Klasvogt mit höchstens einem Hauch von Bedauern in der Stimme. Und: seine Freunde, Bruder, Neffe und Nichte samt Familien. "Aber für die gibt es schon eine Besucherliste."

[Text: Sabine Kleyboldt | KNA]