| Anzeiger für die Seelsorge

Aus Leidenschaft für Gott

Unsere Welt braucht Priester Bündnis für Berufung

Wenn rd. 130 Verantwortungsträger aus den nordwestdeutschen Bistümern trotz Grippewelle und Schneetreiben an einem Sonntagabend zu einer Akademietagung zusammen kommen, dann muss ihnen der Einsatz einiges wert sein. Nicht auszuschließen, dass es eben jene Leidenschaft ist, die auch die Initiatoren jenes „Bündnisses für Priesterberufe“ umtrieb: die Leidenschaft, dass es auch morgen noch Priester gibt, die mit ihrer Person für den lebendigen Gott einstehen und dessen Leidenschaft für die Menschen teilen - „burning people“, denn nur wer brennt, steckt an.

„Wer brennt, steckt an"

Und ansteckend war die Initiative in der Tat: die Initialzündung für einen Flächenbrand, getreu dem sehnlichen Wunsch Jesu, „Feuer auf die Erde zu werfen“. Denn wer kennt sie nicht, die Erfahrung, dass die gutgemeinte Aktion in Aktionismus ausartet und letzten Endes so um ihre Kraft gebracht wird, dass eine gute Idee die andere erschlägt und am Ende lethargische Erschlaffung steht sowie das vordergründig zufriedene Resümee: „Gut, dass wir mal darüber gesprochen haben.“

Im Gegensatz zur Kurzatmigkeit schnell aufgelegter, zeitlich wie räumlich begrenzter Programme ist es das dezidierte Ziel dieser Berufungsinitiative, motivierte und engagierte Seelsorger zusammenzubringen, die selbst für das Anliegen der Berufungspastoral brennen: die davon überzeugt sind, dass Gott seiner Kirche auch heute geistliche Berufungen schenken will, auch und gerade Priesterberufe. Doch dazu bedarf es vor allem überzeugter Berufsträger, der Priester selbst. Nur wenn sie selbst ihren Beruf und ihre Berufung als zutiefst sinnvoll und erfüllend erfahren, können sie auch in erster Person für diese Existenzform werben: „Mach‘s wie ich. Werde Priester!“. Um daher ein Bündnis für Berufung zu initiieren, braucht es Verbündete, die sich mit diesem Anliegen identifizieren und es zu ihrer Sache machen, die sich bereits dafür engagieren und ihre Erfahrungen in einen Prozess der Verständigung und Vernetzung einbringen.

Um gleich vorab ein Missverständnis auszuschließen: Das „Bündnis für Priesterberufe“ ist kein Bündnis gegen, sondern ein Bündnis für. Denn natürlich kommen Priesterberufungen in der pastoralen Landschaft nicht isoliert vor, sondern erwachsen auf dem Acker des Gottesvolkes, aus dem Humus lebendigen Christseins, dem Wurzelgrund mannigfaltiger Berufungen in der Kirche. Insofern ist, wenn von Priesterberufungen die Rede ist, die ganze Breite geistlicher Berufungen immer schon mitgedacht und vorausgesetzt.

Option für Priesterberufe

Aber wir brauchen auch Priester, und es scheint an der Zeit, dies in unserer Kirche auch laut und vernehmlich zu sagen. Es sei erinnert an eine Zeit - nach dem letzten Konzil -, als sich die ganze Kirche für den ständigen Diakonat stark gemacht hatte, und zwar aus ekklesiologischen Gründen: der Einsicht, dass diese Berufung unserer Kirche nicht fehlen dürfe. Ebenso engagiert hatte man sich in den 70er Jahren für den Beruf der GemeindereferentInnen und PastoralassistentInnen ausgesprochen und dieses Anliegen keineswegs nur einigen Berufsvertretern und Lobbyisten überlassen. Warum also, so ist angesichts des bedrückenden Rückgangs an Priesterzahlen zu fragen, sollte es heute nicht an der Zeit sein, dass die Kirche als ganze sich dafür stark macht, dass es auch heute und morgen den Priester gibt, will man die sakramentale Grundstruktur der Kirche nicht grundsätzlich in Frage stellen. Die vielbeachteten Optionen der Deutschen Regentenkonferenz haben den Finger auf die schmerzhafte Wunde fehlender und doch notwendiger priesterlicher Berufungen gelegt, und die zuletzt veröffentlichten Zahlen des Zentrums für Berufungspastoral fordern auch weiterhin dazu heraus, sich mit ganzer Kraft gegen einen Abwärtstrend zu stellen und gezielt für Beruf und Berufung des Priesters zu werben, unbeschadet der Erstzuständigkeit des Heiligen Geistes.

Natürlich mag man sich fragen, ob angesichts angeschlagener Finanzsysteme in den deutschen Bistümern, was mancherorts zu Einstellungsstopps und sogar betriebsbedingten Kündigungen auch von pastoralen Mitarbeitern/-innen führt, eine Werbekampagne für geistliche Berufe in die derzeitige pastorale Landschaft passt. Aber kann man die Grundproblematik fehlender Priester aus Opportunitätsgründen verdrängen und sich der pastoralen Verantwortung für den sakramentalen Kern der Kirche entziehen? So bedrückend es ist, dass sich die Kirche in Deutschland mancherorts pastorale Laienberufe finanziell nicht leisten kann: es kann nicht angehen, deswegen weniger intensiv nach geistlichen Berufungen für den priesterlichen Dienst, aber auch nach Berufungen für Ordensgemeinschaften oder neue Geistliche Bewegungen Ausschau zu halten. Doch auch angesichts dieser besonderen Bedürftigkeit der Kirche in unseren Tagen kann die Förderung geistlicher Berufe nicht anders als breit angelegt sein, müssen die je spezifischen Berufungen aus der Mitte des ganzen Gottesvolkes kommen und aus der Grundberufung zum Mensch- und Christsein erwachsen. Dazu braucht es Zeiten und Orte.

Initiative Ruf!Zeichen - Treffpunkte für Berufung

Auch wenn nicht jeder Jugendliche darauf brennt, mehr von Gott zu erfahren oder das eigene Leben vom Glauben her zu deuten: Es muss in unserer Kirche auch so etwas wie eine geistliche Begabtenförderung geben, ohne deswegen alle anderen, breiter angelegten Formen der Jugendpastoral auch nur im Geringsten abzuqualifizieren. Doch wo erfahren junge Leute, dass ihr Engagement gefragt ist: ihr Einsatz für andere in Kirche und Gesellschaft? Und wer sagt ihnen, dass sie persönlich gemeint sind, noch vor jedem Einsatz? Nicht weil sie so gut sind, sondern weil Gott es gut mit ihnen meint. Es bräuchte ausgewiesene Orte, wo das Rufen Gottes deutlicher vernehmbar ist, wo Menschen dafür sensibel sind und sensibilisiert werden, Gottes Rufen zu hören, zu deuten, zu verstehen, aber auch den oft so leisen oder unverständlichen Ruf zu verstärken und zu übersetzen. Es braucht Treffpunkte, wo man sich von Gottes Wort und Werben ansprechen lassen kann – Ruf!Punkte eben, wo man auf Gleichgesinnte trifft, die ebenfalls hören und verstehen wollen, was Gott auch heute zu sagen hat.

Solche geistlichen Ruf!Punkte gibt es bereits: Treffpunkte, wo sich geistlich interessierte junge Leute regelmäßig in regionalen Gruppen zusammenzufinden, von Seelsorgern begleitet, um das Wort Gottes zu hören, im Evangelium zu lesen, sich auszutauschen, miteinander zu beten und sich in den kleinen und großen Sorgen und Problemen des Lebens gegenseitig zu ermutigen und zu unterstützen. Ob ein Ruf!Punkt tatsächlich ein gemeinschaftlicher Raum des Hörens wird: auf das, was Gott zu sagen hat, dürfte vor allem von der inneren Leidenschaft und spirituellen Kompetenz der begleitenden Seelsorger abhängen. Dann könnten solche Ruf!Punkte tatsächlich zu Lautsprechern werden, die deutlicher transportieren, was der Einzelne bereits in sich selber spürt - mit allen Konsequenzen (vgl. 1 Kor 14 ...). Wie die Erfahrung zeigt, erwachsen aus solchen Ruf!Punkten tatsächlich auch Berufungen: dass sich jemand von Gott angesprochen fühlt, berufen, das weiterzutragen, was man selbst erfahren und wovon man selbst leidenschaftlich erfüllt ist.

Die Netze auswerfen – Vernetzung von Ruf!Punkten

Doch die „Initiative Ruf!Zeichen“, zu der sich auf der Schwerter Zukunftswerkstatt Bischöfe und Priester, motivierte Seelsorger und engagierte Laien zusammen geschlossen haben, ist mehr als die Einzeichnung von flächendeckenden Ruf!Punkten in die pastorale Landkarte, die der Sehnsucht junger Menschen Raum – und einen Namen – geben. Jenen Ruf!Punkten vor Ort, die den personalen Raum kontinuierlicher geistlicher Formung beschreiben, entsprechen überregionale Zusammenkünfte, punktuelle geistliche Events wie Jugendtage, Gebetsgottesdienste, Berufungstreffen, Informationswochenenden etc., an denen all jene sich wiedersehen, austauschen, verabreden, die in den regionalen Ruf!Punkten ihre geistliche Heimat gefunden haben. Diese überregionalen Treffen sind zugleich Ausgangspunkt für jene, die vielleicht zum ersten Mal mit diesem „Feuer“ engagierten Christseins in Berührung gekommen sind und danach fragen, wie sie dieses Feuer in sich lebendig halten können. Früher oder später werden sie sich den Ruf!Punkten in ihrer Region anschließen oder selbst Gleichgesinnte in diesem Anliegen um sich sammeln. Auf dem Weg solchermaßen verschränkter und vernetzter geistlicher Begabtenförderung werden berufungspastorale Synergien genutzt, denn wer in der Tiefe seiner selbst von Gott angesprochen ist und für seine Botschaft brennt, der ist auch selbst motiviert, das Feuer weiterzutragen und andere in diese Dynamik mit einbeziehen.

Und wie es sich für eine berufungspastorale Initiative schickt, erhält der Netzwerkgedanke im Zeitalter medialer Vernetzung eine ungeahnt neue Qualität: der Zusammenschluss von einzelnen Initiativen im Internet vermittels der website www.rufzeichen-paderborn.de, die über Personen, Aktionen, Initiativen ... informiert und den einzelnen wie eine ganze Ruf!Zeichen -Gemeinschaft in eine große geistliche Berufungsbewegung einbindet. Während der einzelne Seelsorger am Ort möglicherweise überfordert wäre, zu den Belastungen des pastoralen Alltags auch noch eine eigene Berufungsinitiative erfinden zu müssen, findet er hier die Möglichkeit, sich inspirieren und animieren zu lassen, mit ins Rad bzw. ans Netz zu greifen und sich bei einem benachbarten Ruf!Punkt „einzu(k)linken“ oder mit Jugendlichen aus der Gemeinde zu zentralen Veranstaltungen anzureisen. Ein Feuer, das an mehreren Stellen gleichzeitig gelegt wird, wird sich über kurz oder lang zu einem Flächenbrand ausdehnen, und genau darum geht es – in spiritueller Hinsicht natürlich.

Werbeoffensive für den Priesterberuf

Doch auf der Akademietagung in Schwerte blieb es nicht nur bei Zukunftsplänen und Absichtserklärungen, eingedenk manch leidvoller Vorerfahrung, dass die Idee einer konzertierten Werbungsoffensive für den priesterlichen Beruf nur dann an Kraft gewinnt, wenn es auch ein abgestimmtes Verfahren der Umsetzung, ja geradezu ein strategisches Vorgehen gibt. Das mag für jenen hehren Zweck als unschicklich empfunden werden, doch hält Jesus selbst seine Jünger zu nüchternem Planen und Rechnen an: „Wer von euch einen Turm bauen will, rechne zunächst, ob seine Mittel reichen“. Ähnlich könnte es sonst passieren, dass auch das aktuelle berufungspastorale Unternehmen wie so manches zuvor schließlich halbfertig im Rohbau stehen bleibt als Mahnmal für hybride menschliche Machermentalität. Daher die Vergewisserung, dass es tatsächlich dem Auftrag Jesu entspricht, den Herrn der Ernte um Arbeiter für seinen Weinberg zu bitten, aber auch, wie Jesus selbst es getan hat, geeignete Kandidaten direkt anzusprechen und in die Jüngergemeinschaft der Nachfolgebereiten einzugliedern sowie entsprechende Rahmenbedingungen für eine breit angelegte berufungspastorale Offensive zu schaffen.

Dazu gehört etwa eine Qualifizierungsoffensive für jene, die z.B. einen Ruf!Punkt geistlich begleiten, sozusagen eine „Eli-Schule“ für die Begleitung der Begleiter, für die auf der Zukunftswerkstatt u.a. ein Konzept erarbeitet wurde. Und natürlich wäre an eine groß angelegte Gebetsoffensive für geistliche Berufe zu denken. Denn ob, wann, wie für Priesterberufe gebetet wird, ist auch ein Indikator für die Ernsthaftigkeit des Anliegens der Priesterberufe und besitzt Aussagekraft hinsichtlich des Stellenwerts und der Wertschätzung, die der Berufsträger in der Kirchengemeinde hat. Daher wurden konkrete Vorschläge erarbeitet, wie das Gebet um geistliche Berufe in das Gottesdienstleben einer Gemeinde bzw. Diözese, z.B. in allen Gottesdiensten in der Osterzeit, implementiert werden kann. Entsprechend bräuchte es auch eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Sinne einer Medien- und Werbeoffensive, denn die Scheu, für die eigenen Ziele und Ideale ( auch kirchliche Berufe) öffentlichkeitswirksam zu werben, ist in kirchlichen Kreisen nach wie vor groß. Eine solche Kampagne müsste von einer Argumentationsoffensive begleitet werden, die angesichts manch aufgedrängter Themenvorgaben (wie Zölibat, Pädophilie, Priesterkinder etc.) positiv und offensiv formuliert, wofür der Priester steht, warum jemand Priester wirdl, den Zölibat schätzt etc. Auch hierfür wurde Material gesammelt, das etwa in einem Zeitungsartikel oder einem Anzeigentext („Priester gesucht“) seinen Niederschlag finden könnte. Da Werbeinitiativen zudem kostenträchtig sind und sich nicht aus der Portokasse finanzieren lassen (und ebenso wenig aus Kirchensteuermitteln), gehört in das Gesamtkonzept auch die Strategie einer Spendenoffensive. Entsprechend wurde in diesem Zusammenhang ein Konzept für eine fund raising-Kampagne entwickelt.

Grafikdesign-Wettbewerb - Sympathiewerbung für den Priesterberuf

Als Begleitmusik zur angedachten Werbeoffensive wurde bereits im Vorhinein ein Grafikdesign-Wettbewerb zum Tagungsthema „Unsere Welt braucht Priester“ ausgelobt. Zur großen Überraschung der Initiatoren hatten sich quer durch die Republik, von Chemnitz bis Rosenheim und St. Gallen bis Lübeck rd. 130 Grafikdesigner und Werbeagenturen der einzigartigen Herausforderung gestellt, Argumente für den Priesterberuf zu suchen und Werbestrategien zu entwickeln, wie eine mögliche Zielgruppe für jenes hohe Ideal angesprochen werden kann. Dass damit unbemerkt die Umdrehung eines Trends einherging, quer zu dem in der veröffentlichten Meinung sonst weithin negativ besetzten Priesterthema ein attraktives Bild dieser Berufung zu zeichnen, dürfte allein schon als Erfolg verbucht werden. Der Wettbewerb macht eindrucksvoll deutlich, dass der Priester, der so menschlich gezeichnet wird und zugleich für das Heilige steht, auch heute in unserer Gesellschaft, jedenfalls für Grafikdesigner und Werbestrategen, nichts von seiner Faszination verloren hat. Das unterstreicht auch die schließlich unter rd. 400 eingesandten Entwürfen prämierte Plakatserie, die einen sympathischen jungen Mann im Profil zeigt und mit der augenzwinkernden Botschaft wirbt, nicht jeder Priester müsse gut singen, den ganzen Tag beten oder so gut aussehen wie jener Sympathieträger mit dem Priesterkragen. Authentizität und Menschlichkeit, die zugleich auf das Göttliche verweist: es wäre nicht das Schlechteste, was man auch heute vom Priester sagen könnte.