| Kirche in WDR 2-5

Aufbrechen zueinander: Liborius

Verehrte Hörerinnen und Hörer, guten Morgen!

Das dürften Sie sich nicht entgehen lassen, wären Sie heute in Paderborn! Ein merkwürdiger Zug bewegt sich da, vom Dom kommend, durch die Innenstadt:

- Männer in historischen Gewändern
- Fanfarenstöße, die den Zug begleiten,
- ein goldener Schrein.

Die Prozession erinnert an ein Ereignis vor über 1150 Jahren. Damals, im Jahre 836, war eine Gesandtschaft ins Reich der Franken aufgebrochen: mit einem für unser Verständnis äußerst ungewöhnlichen Auftrag: die Gebeine eines Heiligen nach Paderborn zu bringen. Es war ein langer, beschwerlicher Weg mit all den Strapazen und Gefahren einer solchen Reise, noch dazu unter den damaligen Verhältnissen. Dahinter stand das tiefe Bedürfnis, sich in den Glauben der schon bewährten Kirchen des Frankenreiches hineinzustellen: sich mit ihnen zu verbinden und zu verbünden - zu einem “Liebesbund ewiger Bruderschaft”, wie er damals mit der Kirche von Le Mans geschlossen wurde. Eine Freundschaft über Grenzen hinweg, gegründet auf dem Fundament des gemeinsamen christlichen Glaubens.

Aber unsere germanischen Vorfahren waren handfeste Leute, die nicht mit einer Freundschaftsurkunde und wohlfeilen Worten allein zu gewinnen waren. Was sie verlangten, waren Taten, konkrete Zeichen der Verbundenheit. Und das war nichts Geringeres als Anteil zu erhalten an dem, was den Glaubensbrüdern in Le Mans damals heilig war: die in Ehren gehaltenen Gebeine eines bedeutenden Bischofs der Stadt, des heiligen Liborius.

Freundschaft und Verbundenheit unter Christen: in Christus, die über das Grab hinaus dauert, das war es, was die junge Kirche in Paderborn erhoffte: Freundschaft, die den Tod überdauert, gegründet im Ewigen.

So entstand die wohl älteste Städtefreundschaft, mitten im Herzen von Europa, die alle Stürme der Zeit überdauert hat, selbst in Zeiten von Feindschaft und Krieg zwischen Franzosen und Deutschen.

Anteil nehmen am Heiligen - Anteil geben an dem, was mir heilig ist: wäre das nicht auch heute eine durchaus ernstzunehmende Weise, Freundschaft zu besiegeln und zu erhalten? Es müssen ja nicht unbedingt Reliquien sein, die wir tauschen. Aber mich hinein halten in den Glauben dessen, der schon in seinem Christsein gefestigt ist; von meinem persönlichen Glauben Zeugnis geben: dem, der mich danach fragt: wäre das nicht eine moderne Form, Freundschaft in Christus zu besiegeln, gegründet in dem, was uns gemeinsam heilig ist?

Eine gute Perspektive für den Tag - und weit darüber hinaus.