| Anzeiger fuer die Seelsorge

Sternsinger

Kolumne

Raumschiff Erde. Bedrängt und bedroht. Aber zum Glück gibt es die Verteidiger der Städte, die ein Bündnis der menschlichen Kolonien schmieden und mit ihren Laser-Waffen die ausländische Feinde abfangen und beseitigen.
(Spielanleitung Star Warriors)

Wer am Ende gewinnt, ist noch völlig offen; das liegt ausschließlich am Geschick der jugendlichen Stern-Krieger - „Star Warriors“ –, die an ihrem Heimcomputer „nur noch kurz  die Welt retten“ (Tim Bendzko). So lautete jedenfalls der Auftrag zu dem Videospiel aus den 80er Jahren, das eine ganze Generation dies- und jenseits des Atlantik zu einer virtuellen Fun- und Fangemeinde verbunden hat. Viele der jugendlichen Spieler von damals mögen heute, längst erwachsen und mit beiden Beinen im realen Leben stehend, über ihre virtuelle Science Fiction-Phase aus Jugendtagen lächeln. 

Wie anders – und wie harmlos – nehmen sich dagegen die Mädchen und Jungen aus, die sich hierzulande jedes Jahr um den 6. Januar verkleiden und als die sog. „heiligen drei Könige“ durch die Straßen ziehen, den selbstgebastelten Stern vorweg, der sein imaginäres Licht je und je in die Wohnungen und Häuser wirft. Es sind keine virtuellen Stern-Krieger, die da bei Wind und Wetter unterwegs sind, sondern Friedensmahner im echten Leben, die an die Haustüren klopfen und mit einem dünnen Liedchen von dem Leitstern ihres Lebens singen: 
dass sie dem Licht folgen, das Gott auch heute auf unsere Wege wirft. In ihrer kindlich-unprätentiösen Art lassen sie wie in einem Realsymbol die biblischen „Sterndeuter aus dem Osten“ (Mt 2,1) lebendig werden, die angesichts der Uneindeutigkeit kosmischer Vorgänge und himmlischer Zeichen nicht zur Tagesordnung übergegangen waren, sondern jenem unerklärlichen Phänomen nachgegangen und zu einem überraschenden Ergebnis, einer umwerfenden Erkenntnis gekommen sind: dass der Himmel tatsächlich die Erde berührt:  dass Gott Mensch wird und die Menschheitsgeschichte fortan einen anderen Verlauf nimmt. Auch wenn sie ihre Hypothese erst nach einigen Fehlversuchen verifizieren konnten und - aus weihnachtlicher Perspektive - mit einiger Verspätung an der Krippe ankommen sind: in der Volksfrömmigkeit wurde aus jenen „Fernstehenden“, die der Spur des göttlichen Lichtes gefolgt sind, alsbald „Könige“: Menschen, die als Pilger unterwegs sind und sich von Gott leiten lassen, die bei Gott angekommen sind und deren Lebensweg seitdem einen anderen Verlauf genommen hat. 

Man mag bezweifeln, ob sich die sternsingenden Kinder und Jugendlichen all dessen bewusst sind, wenn sie auf offene Türen stoßen und dabei für einen guten Zweck sammeln. Manche Kritiker mögen das für eine geniale „Geschäftsidee“ halten. Wer kann Kindern schon eine Spende für notleidende Kinder in Afrika oder Asien versagen?! Doch der Lauf der Sternsinger ist weit mehr als eine breit angelegte Spendensammelaktion (mit der immerhin allein in 2016 über 2.100 Projekte in 112 Ländern unterstützt wurden). Doch was in jenem schlichten Spiel sternsingender Kinder anklingt, ist nicht weniger als die Grunddimension des Menschseins: jener status viatoris, „Es ist kaum eine Aussage möglich, die tiefer in die innerste Zone geschöpflicher Existenz eindränge als die: dass der Mensch bis zu seinem Tode in statu viatoris, im Zustand des Auf-dem-Wege-Seins, ist.“ (Josef Pieper) - Augustinus beschreibt diese innere schmerzhafte Unruhe, die ihn gepackt und getrieben hatte: „Du warst in meinem Innern, aber ich war draußen und suchte dich dort [..] Du warst bei mir, aber ich war nicht bei dir“, aber er beschreibt auch das Drängen Gottes:  „Du riefst, du schriest und durchbrachst meine Taubheit. [..]Du rührtest mich an, und ich entbrannte in Sehnsucht nach deinem Frieden. [...]  Wen du erfüllst, den richtest du auf.“ Eine bedrückende und zugleich beglückende Erkenntnis, wie sie Augustinus in seinen „Bekenntnissen“ literarisch unübertroffen beschreibt: den gefunden zu haben, besser: von dem gefunden worden zu sein, zu dem hin unser ganzes Leben unterwegs ist. 

Nein, um unser Leben, unseren Planeten gegen imaginäre Außerirdische zu verteidigen,  brauchen wir keine Star Warriors. Aber wir brauchen Sternsinger. Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie erfinden, denn sie halten wach, was unser Menschsein im Tiefsten ausmacht: unterwegs sein, um anzukommen. Die drei Buchstaben, die sie auf unsere Türen schreiben: C-M-B, stellen uns bereits unter den Segen dessen, der von Ewigkeit her unterwegs ist, um bei uns anzukommen: „Christus mansionem benedicatChristus segne dieses Haus“. Hoffnung auf Vollendung.